(Dieser teils fiktive nicht ernst zu nehmende geistige Erguss entspringt der Feder eines frei arbeitenden Künstlers, der lediglich die Intention verfolgt, Fußstapfen in der breit gefächerten Mayener Satire-Szene zu hinterlassen.)
Der Schleier der Ungewissheit umhüllt mein Dasein wie das morgendliche Nebelkleid ganz Mayen.
Montag – 07:47 Uhr!
Nachdem ich tags zuvor die Dorfmeisterschaft im Eckenrechnen in meinem Heimatort Hintertupfingen für mich entscheiden konnte, betrete ich genauso angriffslustig die glorreichen Hallen des Bildungsinstituts, in der Überzeugung, diese Festung sobald einnehmen zu werden.
„Öffentliches Dienstrecht ist ein fairer Start in einen Montag“, denke ich und hänge geballt an den Lippen des Dozenten. Die ersten 5 Minuten gelingt mir dies auch bravourös, nur als ich mich im Rund umschaue und feststelle, dass der prozentuale Anteil an Einhörnern unter Pferden größer ist, als der Anteil an aufmerksamen Schülern an einem Montag in Mayen, verliere auch ich mich in meinen Gedanken und drifte ab in eine Welt, in der es für diese stets omnipräsente, nervende Check-24-Familie einfach so gar keinen Platz gibt.
Kurz bevor Außenminister Lukas Podolski den Nah-Ost-Konflikt mit einem dreifachen „Kölle Alaaf“ zu lösen vermag, reißt mich ein donnerndes „Stufenaufstieg !!“ aus meinem Tagtraum. Geistesgegenwärtig realisiert mein Hirn, dass jetzt nur das Erklimmen der Karriereleiter Thema sein kann und nicht einer dieser neuen, multifunktionalen Sitzlifte aus dem Hagebaumarkt, die das Treppensteigen vollends revolutioniert haben sollen.
Weit über 30 Jahre Dienst bis Beamte in Rheinland-Pfalz die Endstufe erreicht haben??? „Fair Play sieht anders aus!“ raunt es durch den Saal. Die Stimmung kippt. Der Dozent erkennt den Ernst der Lage und versucht sich an einem dieser „Beamtenwitze“, die für gelegentlich weniger Gelächter ernten als die Tagesschau. Auch diesmal wird der Bock nicht umgestoßen. Selbst die eine, die immer lacht, sinkt mit versteinerter Miene tiefer auf ihrem Stuhl.
Veranlasst von meiner inneren Uhr strecke ich meine rechte Knabenhand empor, gepaart mit der ständigen Angst, dass jeden Moment ein Falke hierauf landen könnte. Der Dozent erblickt diese und wirft mir in Erwartung einer Top-Antwort imaginär den Gesprächsball zu. Mit meiner Hermes-Versand-Einstellung („Wir haben ihr Paket einer vertrockneten Weinbergschnecke auf den Rücken geschnallt und wünschen toi toi toi“) liefer ich diese jedoch einfach nicht ab, sondern stelle die Frage, die jedem auf der Seele brennt, aber nur ich auszusprechen vermag. „Können wir eine 5 Minuten Pause machen?“ Leicht irritiert willigt der Dozent ein. Schlagartig werden Stühle gerückt und der Kursraum verlassen, sodass man meinen könnte Tech-Nick höchstpersönlich verteilt auf dem Flur Gratis-MacBooks. Ich schlürfe noch gerade den letzten Schluck meiner Hustensaft-Sprite Eigenkreation und begebe mich dann auch hinaus.
Im Dunst der Mensa-Fritöse erblicke ich die Warenauslage. Ähnlich unentschlossen wie im Lidl vorm Backautomat stehe ich den kulinarischen Leckerbissen gegenüber ohne mich letztendlich entscheiden zu können. Nun, dann lecke ich eben für den Rest des Tages weiter meinen Salzstein.
(Wir machen einen kleinen Sprung…)
Mittlerweile ist es 13:00 Uhr und alle so „Yeah und ab dafür !“. Auch ich kehre der Welt, die zwischen „fahrlässig“ und „grob fahrlässig“ unterscheidet, fürs erste den Rücken zu. Ich fahr lässig mit der rechten Hand am Steuer durch die City, während ich mit links meinen Namen in die Mayener Luftmassen male. Zuhause angekommen trete ich ein in meine vertrauten vier Wände.
Während im verregneten Mayen Tropfen sanft die Fensterscheibe küssen, lasse ich mich auf meiner Pritsche nieder, mümmel mich in die wärmende Benjamin-Blümchen-Wolldecke, greife zu meinen Unterrichtsmitschriften und tauche ein in die Bibliothek der Unlesbarkeit.
„Lex specialis derogat legi generali !“
„Klingt wie das Whiskey-Seminar, das ich mir dieses Jahr selbst zu Allerheiligen geschenkt habe“, denke ich, realisiere aber auch, dass ich hier im Trüben fische. Unter vollem Bewusstsein greife ich daher zu dieser roten, allwissenden Paragraphen-Bibel, wobei mich diese giftige Farbe der Warnung eigentlich abschrecken müsste. Tarzan-like kämpfe ich mich mittels Liane von Post-it zu Post-it durch den Paragraphen-Dschungel. Immerhin stelle ich fest, dass die Verknüpfung zwischen AVR und Gefahrenabwehrrecht engmaschiger ist als der Fahrradkorb meiner Mutter. Trotz alledem versinke ich weiter im Sumpf der Resignation und bin mir nun ziemlich sicher, dass das Kürzel „DVP“ auf dem Cover mich direkt anspricht mit den Worten „Du versagender Paragraphenvollzeitclown !“
Erschöpft betätige ich den Lichtschalter, entsende ein Stoßgebet in den Mayener Nachthimmel und mutmaße, ob ich als gestandener Mann fallen oder als ruhmreicher Held in heimische Gefilde zurückkehren werde.
Autor:
Maximilian Düpre